SPD-Linke: Kalte Füße.
“Kurz vor dem Ergebnis der Stichwahl wächst die Nervosität bei den Genossen“, liest man erstaunt über die SPD-Bundestagsfraktion. *1)
Erstaunt vor allem, weil bekannte Abgeordnete aus der Parlamentarischen Linken, dem mit 76 Mitgliedern größten Zusammenschluss innerhalb der 152 MdBs starken SPD-Bundestagsfraktion, plötzlich an der Großen Koalition (GroKo) von CDU/CSU und SPD einige Verdienste entdecken. Diese seien natürlich dem Kampf dieser Parlamentarischen SPD-Linken geschuldet, wie der linke SPD-Fraktionsvorsitzende Mützenich wieder und wieder heute im Bundestag erzählte.
Die mächtige, linke SPD-Truppe hatte zum Missvergnügen anders denkender Sozialdemokraten seit Jahren
- ein politisches Bündnis mit der Linkspartei (Ex-DDR-SED-PDS) und linken GRÜNEN propagiert,
- fleißig vorsorgende und sparende Bürgerinnen und Bürger mit Vermögensteuer, hoher Erbschaftssteuer und Abschaffung der für die Anlageentscheidungen zweckmäßigen Kapitalertragsteuer bedroht,
- den Jusos die irren Anti-Markt-Enteignungs-Sprüche vor- und nachgebetet,
- Gerhard Schröders Modernisierungs-Agenda wieder und wieder in die Tonne getreten, nur damit sie von der CDU/CSU zu deren größtem politischen Vorteil genutzt werden konnte,
- auch an der dritten GroKo kein gutes Haar gelassen, und
- damit überdies in den Wahlkreisen linke Bastionen geschaffen, um Druck auf abweichend denkende MdBs auszuüben, was u. a. SPD-MdB Martin Schulz aus bekannten Gründen beklagt.
Nun hören wir plötzlich Kritik aus dieser linken SPD-Fraktionsmehrheit: Vom linken Fraktionschef Rolf Mützenich, sogar vom Alt-Parteilinken Axel Schäfer, MdB, der wie Walter-Borjans seine Basis in NRW hat. Der Landesvorstand der NRW-SPD hatte sogar Esken und Walter-Borjans einstimmig als Kandidaten für den SPD-Vorsitz nominiert.
Und die Kritik der Parlamentarischen SPD-Linken richtet sich gegen wen? Gegen erklärte GroKo-Gegner! Gegen die Jusos, die 80 000 Köpfe zählende traditionell stramm linke SPD-Jugendorganisation. Und gegen das von eben diesen Jusos und von dem NRW-SPD-Landesvorstand favorisierte Kandidatenteam Saskia Esken/Norbert Walter-Borjans für die Übernahme des SPD-Parteivorsitzes — gegen Klara Geywitz/Olaf Scholz.
Und schon hatte Juso-Chef Kevin Kühnert seine Kandidatur für den SPD-Vorstand verkündet. Das erboste sogar den altlinken SPD-Vorstand Ralf Stegner (“respektlose Karriere-Ambitionen“), der das spürt, was auch den Ärger in der links dominierten SPD-Fraktion erklärt: 80 000 linke Jusos wollen den Generationen-Wechsel in den Ämtern für SPD-Berufspolitiker jetzt einleiten.
Und das führt zu Existenzkämpfen in der linken politischen SPD-Klasse. Und nun kriegen diese politischen Zauberlehrlinge den langjährig von ihnen gepflegten linken Geist nicht mehr zurück in die Flasche!
Das von Jusos und Esken/Walter-Borjans befürwortete Ende der GroKo durch SPD-Rückzug könnte Neuwahlen bedeuten. Mit Sicherheit würden Neuwahlen unter solchen Umständen zu einem verheerenden Resultat für die SPD führen. Macht nichts, werden nicht wenige Jusos denken: Dann sind unsere Parteigegner weg. Und wir werden die SPD schon wieder aufrichten.
Folgerichtig hören wir die linken SPD-Wendehälse: Fraktionschef Mützenich versicherte heute im Bundestag, dass die SPD-Fraktion die GroKo fortsetzen wird.
Damit begehen Mützenich und Genossen einen durchaus amts-autoritären Übergriff.
- Dieser Übergriff ist wie sein mutmaßliches Motiv der Sorge um die Politik-Ämter sicher wenig achtbar.
- Zum einen wenig respektvoll gegen die noch laufende Stichwahl durch die SPD-Mitglieder für eines der Kandidaten-Duos.
- Und zum anderen respektlos gegen den SPD-Parteitag ab dem 06. Dezember 2019. Dieser Parteitag entscheidet bekanntlich durch Wahl über den SPD-Vorsitz und stellt damit auch die Weichen, ob die SPD in der GroKo verbleiben soll.
Und so werden wir Sozialdemokraten Zeugen, wie das Dominiergehabe gerade unter linken SPD-MdBs aus NRW, wo es bekanntlich noch starke SPD-Regionen gibt, der blanken Angst um die Mandate weicht; “die Nervosität wachse“ hat der SPIEGEL erkannt. *1)
Gut so, ruft hier eine SPD-Karteileiche der mächtigen Parlamentarischen SPD-Linken zu:
Werden Euch die Füße kalt, wächst SPD-Zusammenhalt!
*1) Ärger in der Fraktion. SPD-Abgeordnete rechnen mit Scholz-Gegnern ab. Von Christoph Hickmann, Veit Medick und Christian Teevs. Kurz vor dem Ergebnis der Stichwahl wächst die Nervosität bei den Genossen. In der SPD-Bundestagsfraktion entlud sich nun der Ärger über ein Kandidatenteam — und die Jusos. 26. November 2019, 16:21 Uhr; https://www.spiegel.de/politik/deutschland/spd-fraktion-abgeordnete-rechnen-mit-olaf-scholz-gegnern-ab-a-1298315.html