SPD: politisch abgeschöpft.

 

Nach der Nominierung der Kanzlerkandidaten — Laschet (CDU/CSU) sehr kontrovers, Baerbock (Grüne) bejubelt — erhebt Forsa einen dramatischen Umschwung in der Wählerschaft. *1)

13 (dreizehn!) Prozent für die Regierungspartei SPD (seit 1998, mit der schwarz-gelben Ausnahme von 2009-2013),

  • die bis heute entscheidend die politische und soziale Stabilität in Deutschland und Europa sichert,
  • die mit Olaf Scholz einen in der schwersten Krise der Nachkriegszeit höchst bewährten Vizekanzler und Finanzminister stellt,
  • der überdies als Kanzlerkandidat mit einem respektablen Zukunftsprogramm für die SPD antritt,

das ist Signal einer erschreckenden Diskrepanz zwischen politischem Verdienst durchweg leistungsstarker Repräsentanten in Regierungsämtern und der Anerkennung durch die Wählerschaft.

Erklärungen dafür bleiben den Analysen von Parteiforschern vorbehalten. Hier wird vermutet, dass es die SPD-Funktionäre schon seit der erfolgreichen Reform-Kanzlerschaft Gerhard Schröders von der Wählermitte weg nach “links“ zieht. Außerdem ist es der SPD stets gelungen, das angesehenste Führungspersonal der Partei herabzusetzen oder durch Streit zu verschleißen.

Den Rest besorgten die politischen Wettbewerber — zum einen der Koalitionspartner CDU/CSU mit Kanzlerin Merkel, zum anderen der grüne Wunschpartner aller SPD-Gegner der drei “Großen Koalitionen“ seit 2005.

Bundeskanzlerin Merkel gelang es, für die eigene Partei das sozialpolitische Profil der SPD zu “plündern“. Indem sie die CDU programmatisch in der “linken Mitte“ positionierte. Und mit bekannter Robustheit die sozialpolitischen Leistungen der SPD-Minister ihrer eigenen Regierungskunst zuschrieb. Die LINKS-Partei trug dazu bei: durch ständige Forderungen wurden alle sozialpolitischen Errungenschaften der SPD propagandistisch überboten.

Die Grünen mit ihrer charismatischen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock präsentieren sich als “Klima- und Planeten-Retter“. Außer einem grünen “Wünsch-Dir-was“-Wahlprogramm ohne jegliche Kosten-Transparenz haben sie wenig vorzuweisen: „die Dinge neu machen, anders machen, die Schuldenbremse durch ´Investitionspflicht` ergänzen“ (Baerbock im TV am 20. April).

Natürlich weiß die offenbar auch fachlich starke Kanzlerkandidatin genau, dass Deutschland zur “Klimarettung“ nichts leisten kann. Selbst mit der gesamten EU auf “grünem“ Klimakurs käme wenig zustande. Deshalb plädiert sie schnell nach den klimapolitischen Vorschlägen des USA-Präsidenten Joe Biden für “eine transatlantische Klimapartnerschaft“. *2)

Baerbock verschweigt, dass die besonders harte Kärrnerarbeit (Trump-Präsidentschaft!) für “eine transatlantische Klimapartnerschaft“ bereits 2008 von den damaligen SPD-Bundesministern, Außenminister Steinmeier und Umweltminister Gabriel, intensiv mit vielfältiger klimapolitischer Überzeugungsarbeit in den USA begonnen wurde. *3)

Steinmeier und Gabriel prägten für diese Arbeit übrigens den Begriff der “transatlantischen Klimabrücke“. Diese “Klimabrücke“ mit der Biden-Administration wieder zu stärken, unternehmen bereits die SPD-Minister Heiko Maas (Außenminister) und Svenja Schulze (Umweltministerin). Dabei unterstützt sie auch Sigmar Gabriel als Vorsitzender der “Atlantikbrücke“.

Auch hier scheint es — den desaströsen SPD-Umfragen zufolge — den Grünen zu gelingen, nicht nur sozialdemokratische Programmatik, sondern auch reale Leistungen von SPD-Ministern für den eigenen grünen Wahlkampf zu nutzen.

Dies lässt Sozialdemokraten mit der Frage an ihre Parteiführung zurück: Wie konntet ihr alle diese politischen “Plünderungen“ zulassen?

*1) Wäre jetzt Bundestagswahl, fielen CDU/CSU auf 21 %, siegten Grüne mit 28 %. Die SPD wäre auf 13 % reduziert … Siehe: Forsa: Union verliert sieben Prozentpunkte. Nach der Nominierung von Annalena Baerbock und Armin Laschet zu Spitzenkandidaten ihrer Parteien für die kommende Bundestagswahl ist die Union nicht mehr stärkste Kraft in der Wählergunst. Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 20.04.2021.

*2) Baerbock (Grüne) über Klimaneutralität. „Eine Umstellung des Produktionssystems gehört dazu“. Annalena Baerbock im Gespräch mit Silvia Engels. 22.04.2021; https://www.deutschlandfunk.de/gruene-annalena-baerbock-ist-kanzlerkandidatin.2897.de.html?

*3) Siehe z. B.: Ansgar Graw. AUSLANDSREISE. K-Frage verfolgt Steinmeier bis in die USA. 13.04.2008; https://www.morgenpost.de/politik/article103142608/K-Frage-verfolgt-Steinmeier-bis-in-die-USA.html. Auf dieser Reise warb Außenminister Steinmeier: „Eine ´transatlantische Klimabrücke` solle Gleichgesinnte in Europa und den USA zusammenbringen.“ Dieser Aufruf wurde durch intensive deutsche Überzeugungsarbeit in den USA begleitet. Vgl. dazu: Scharioth: USA sind bereit für neue Klimapolitik. Deutscher Botschafter beobachtet „Stimmungswandel“. 16.12.2008; https://www.deutschlandfunk.de/scharioth-usa-sind-bereit-fuer-neue-klimapolitik.694.de.html?