Tag der Arbeit …

im Garten, aber nicht nur.

Die Reden der Vorsitzenden von DGB und IG Metall werden nicht versäumt. Denn unsere Gewerkschaften bleiben wichtige Institutionen der Zivilgesellschaft, der Sozialpartnerschaft und auch Partner für Soziale Marktwirtschaft in Europa.

Natürlich gehören zum 1. Mai Erinnerung an das Erreichte und auch die politischen Paukenschläge. Das macht keiner eindrucksvoller als DGB-Chef Michael Sommer. Ebenso ist die Lautstärke Teil des Rituals. Habe ich bei der Hamburg-Kundgebung ein Schild mit der Aufschrift „Schrei mich nicht an!“ als non-konformistisches Signal gegen Getöse missverstanden?

Lautstark jedenfalls das Wüten des DGB-Vorsitzenden gegen die „ungehemmten Spekulanten, die an der ganzen Misere schuld sind“. Es handelte sich dabei zu allererst um die von Verdi mitbestimmten und „kontrollierten“ Landesbanken, Herr Sommer. Bei jedem Fiasko – US-Hypothekenderivate und Hellas – waren sie dabei!

Und natürlich hartes Verdikt gegen Fiskalpakt und Schuldenbremse, dafür Reichensteuer, Vermögenssteuer, flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn und Konjunkturprogramme. Es gibt wohl keinen international renommierten deutschen Ökonomen, der diese Forderungen unterstützt. Das zeigte sich bei der Vorstellung der  Gemeinschaftsdiagnose zur deutschen Konjunktur im Frühjahr 2012 durch die Wirtschaftsforschungsinstitute ifo, ifw, iwh und rwi. Aber das war auch nicht am 1. Mai.

Von größter Bedeutung für den deutschen Arbeitsmarkt ist die vom Chef der IG-Metall, Berthold Huber, angekündigte gewerkschaftspolitische Innovation: „Die Teilung in Stamm- und Randbelegschaften wollen wir nicht mitmachen.“ Lange haben die Gewerkschaften die Spaltung des Arbeitsmarkts in gewerkschaftlich organisierte „Insider“ und eher weniger geschützte „Outsider“ hingenommen.

Selbst in den gewerkschaftlich mitbestimmten, super-profitablen BMW seien bei den Randbelegschaften Zeit- und Werkverträge die Norm, hieß es heute im Deutschlandfunk. Der Arbeitsmarktforscher Professor Rieble stellte dazu fest, dass gerade in den Hochlohn-Branchen die Einkommen der Stammbelegschaften durch diese Vertrags- und Entlohnungsformen geschützt werden.

Zugleich sprach er sich für realistische Beurteilung aus: Für Unternehmen könne es sinnvoll sein, sich auf das Kerngeschäft zu konzentrieren und Aufgaben an Fremdfirmen zu übertragen, die diese produktiver wahrnehmen können. Jedes Unternehmen brauche die Freiheit zu entscheiden, ob es Vorprodukte oder Dienstleistungen entweder selbst herstellt oder im Rahmen seiner „Kontrakt-Logistik“ (Prof. Rieble) auslagert.

Dem kann man zustimmen. Insbesondere, wenn zu beobachten ist, dass staatliche und öffentlich geförderte Einrichtungen ihre Aufgaben zu nicht unerheblichen Teilen nicht nur von Fremdfirmen, sondern gerade auch von „Solo-Selbständigen“ auf der Grundlage von Werkverträgen wahrnehmen lassen.

Hoffen wir, dass diese Einrichtungen und ihre Planstellen-Inhaber am Tag der Arbeit mal an ihre „selbständigen“ MitarbeiterInnen denken. Und dass ihnen auch bewusst ist, auf welch dünnem arbeitsrechtlichen Eis sie diese Solo-Selbständigen seit vielen Jahren beschäftigen.

Hoch motivierte und qualifizierte „MitarbeiterInnen“, die sämtlich de facto „weisungsgebunden“ sind. Die über die Leistung des Werkvertrages hinaus regelmäßig für weitere Anliegen der Auftraggeber zeitlich in Anspruch genommen werden. Die in aller Regel von ihrem einzigen Auftraggeber abhängig sind.

Der Tag der Arbeit lädt gerade die „Auftraggeber“ der Solo-Selbständigen ein, diese MitarbeiterInnen mit Respekt zu würdigen. Nicht im Stile: „Ah, die Freien, die Teamer etc., die wollen doch alle in der WG leben, einmal im Jahr zur Love-Parade, damit sind sie zufrieden im Leben.“ So nicht. Auch kein kränkender Favoritismus. Keine subtilen Hinweise auf die Möglichkeit, weitere „Kollegen“ von außen zu heuern, damit sie wissen, wo die kleine Macht ist. Kein Ausspielen Jung gegen Alt und was der Einfälle mehr sind, auf die manche kommen, die fest auf ihren Planstellen sitzen.

Herr Berthold Huber hat heute ein ganz großes Signal gesetzt: Respekt für die Außenseiter des Arbeitsmarktes! Diese Aufforderung ist von den Zuständigen im eigenen Interesse sehr ernst zu nehmen! Denn Herr Huber ist bekanntlich kein Mann leerer Worte.