Transatlantiker gesucht!

„Strafzölle“ auf Stahl, Aluminium und weitere Vergeltung, wenn dies zu handelspolitischer Reaktion führen sollte! Dass US-Präsident Donald Trump gerade Deutschland, den NATO-Verbündeten, dermaßen bedroht, wirft die Frage nach dem Charakter der transatlantischen Partnerschaft auf.

Degradiert Trump Deutschland zum bloßen Empfänger von „Straf-Mitteilungen“? Noch dazu wegen der „nationalen Sicherheit“ der USA? „Deutschland ist kein Vasall“ protestiert die FAZ. *1) Wohl wahr! Was soll bei solcher Tonart aus den transatlantischen Beziehungen werden?

Nachdenken über das bekannte Wort „the chickens have come home to roost“ (hier etwa: Jetzt kommt die Rache, RS) mag anderthalb Jahrzehnte zurückführen. Zu Vorgängen, die vielleicht auch erklären könnten, was jetzt gerade auf Deutschland zurückfällt.

Der große Hamburger Sozialdemokrat und Transatlantiker, Hans-Ulrich Klose, damals zu den deutsch-amerikanischen Beziehungen: „Das Verhältnis ist kaputt“. Wegen „rhetorischer Entgleisungen“ in beiden Ländern. *2)

In Kloses leider sehr berechtigtem Urteil hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder im Wahlkampf 2002 und im Vorfeld des Irakkrieges anti-amerikanische Töne angeschlagen.

Jedoch: „Am schlimmsten war — aus amerikanischer Sicht“ (Klose), was sich damals die SPD-Justizministerin Herta Däubler-Gmelin leistete. Sie hatte den US-Präsidenten George W. Bush mit Adolf Hitler verglichen.

Dies führte nicht zu ihrer gebotenen, sofortigen Entlassung aus dem Kabinett Schröder. Vielmehr blieb sie bis zum Ende der Legislaturperiode im Ministeramt. Und amtierte als prominente SPD-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende wichtiger Parlamentsausschüsse, zuletzt als Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, sich immer sehr wirksam in der internationalen Öffentlichkeit inszenierend, bis zum Ende der Wahlperiode in 2009.

„Niemand in den USA — auch nicht die Kritiker des Präsidenten — versteht das“, hatte Klose seinerzeit mit Blick auf Bundeskanzler Schröder gewarnt. *2)

Wer glaubt denn, die unsägliche antiamerikanische Hetze Däubler-Gmelins hätte nicht in weiten Kreisen der USA und besonders in der republikanischen Partei des Präsidenten Donald Trump Spuren hinterlassen?

Wo ist ein sozialdemokratischer Politiker oder eine Politikerin mit einer Glaubwürdigkeit für transatlantisches Engagement wie Hans-Ulrich Klose?

Als Hans-Ulrich Klose zum Ende der Wahlperiode 2013 den Deutschen Bundestag verließ, wurde Peer Steinbrück sein Nachfolger als Vorsitzender der deutsch-amerikanischen Parlamentariergruppe. Steinbrücks herausragende wirtschafts- und finanzpolitische Kompetenz berechtigte zu transatlantischem Optimismus — bis Ende September 2016, als Steinbrück sein Bundestagsmandat niederlegte.

Peer Steinbrücks Nachfolgerin im Vorsitz der Parlamentariergruppe USA wurde — seit 1994 MdB — die Sozialdemokratin Dagmar Freitag.

Zur Amtseinführung von Donald Trump als 45. Präsident der USA am 20. Januar 2017 fand Frau Freitag als Vorsitzende der Parlamentariergruppe USA die folgenden Grußworte: „Das Auftreten Donald Trumps im Wahlkampf und seine Inhalte haben uns dermaßen abgestoßen, dass wir uns nicht vorstellen konnten, so jemand könne die Mehrheit der Stimmen der Wahlmänner erreichen.“ *3)

Auf die Frage von „FOCUS Online: Wieso ist uns Deutschen das Verhältnis zu den USA überhaupt so wichtig?“ wusste Frau Freitag: „Da muss man in die Vergangenheit zurückschauen.“ *3)

In der nur anderthalb Jahrzehnte zurückliegenden Vergangenheit hatte uns Hans-Ulrich Klose zu solcher Frage bereits das genaue Gegenteil mitzuteilen.

Klose richtete — wie hoffentlich viele nachdenkende Menschen — den Blick in die gefährliche Zukunft. Und hätte damit eine zukunftsweisende Antwort gegeben auf die Focus-Frage: „Wieso ist uns Deutschen das Verhältnis zu den USA überhaupt so wichtig?“ *3)

Hans-Ulrich Klose: Weil „wir Europäer angesichts der neuen Sicherheitsrisiken auf volle, also auch auf militärische Kooperation mit den USA angewiesen sind. Amerika ist stark genug, um mit den neuen militärischen Herausforderungen fertig zu werden, die sich aus der Kombination von Terrorismus, despotischen oder scheiternden Staaten und aus unkontrollierter Verbreitung von Massenvernichtungsmitteln ergeben. Wir Deutschen nicht, auch die Franzosen nicht oder die Engländer. Wir Europäer könnten es nur, wenn wir die EU zur Verteidigungsunion weiterentwickeln und unsere militärischen Fähigkeiten konsequent ausbauen würden. Beides geschieht aber nicht.“ *2)

Sollte Frau Freitag, MdB (SPD), als Vorsitzende der Parlamentariergruppe USA, eher den Stil von Frau Däubler-Gmelin pflegen als das transatlantische Erbe von Hans-Ulrich Klose? Man will dies nicht glauben.

Und dennoch die Bitte an jüngere MdBs: Von den deutsch-amerikanischen Zukunftsaufgaben überzeugte Transatlantiker gesucht!

*1) TRUMPS ANGRIFFE. Deutschland ist kein Vasall. VON KLAUS-DIETER FRANKENBERGER — AKTUALISIERT AM 09.03.2018; faz.net.

*2) „Das Verhältnis ist kaputt“. Von Hans-Ulrich Klose. 11. Mai 2003; http://www.welt.de/print-wams/article 143672/Das_Verhältnis_ist_kaputt.html.

*3) Interview mit Dagmar Freitag. „Jetzt müssen wir uns anstrengen — auf beiden Seiten des Atlantiks“. Interview von FOCUS-Online-Redakteurin Hanna Klein. Freitag, 20.01.2017.