Transatlantische Beziehungen – ohne Scheinheiligkeit.

Endlich greifen Medien zunehmend fachlich gewichtige Stimmen auf, die zu transatlantischer Vernunft und angemessener Einordnung der NSA-Aktivitäten aufrufen.

So beeindrucken z. B. Aussagen des ehemaligen Botschafters in den USA Wolfgang Ischinger. *1)

Zum Handy-Skandal: „Einfach ungehörig“! Gleichwohl zeigt er Verständnis für die US-Geheimdienste: „Vergessen wir nicht, dass Teile der Attentäter von 9/11 aus Hamburg kamen“.

Zu häufigen Forderungen aus Kreisen der SPD, Grünen und LINKEN, die Verhandlungen über die Transatlantische Freihandelszone auszusetzen: „Schuss ins eigene Knie!“.

Gegenüber der im linken Lager verbreiteten NSA-Obsession und atlantischen Engstirnigkeit mahnt er schließlich, sich den relevanten gemeinsamen Problemen internationaler Politik zuzuwenden: „dem Bürgerkrieg in Syrien, dem umstrittenen Atomprogramm des Irans oder dem Nahost-Friedensprozess.“

Am meisten erfreut jedoch die gerade vernommene Aussage Ischingers im Deutschlandfunk: In den USA wachse der Grad des Verständnisses über den Grad der Empörung in Deutschland und Europa.

Man genieße dieses Meisterstück diplomatischer Formulierungskunst. Ich hoffe, dies nicht falsch zu verstehen, wenn ich folgende Interpretation versuche.

Bei dem Satz geht es nur um Atmosphärisches, um einen Beitrag zur Vertrauensbildung. Sein sachlicher Gehalt: Null.

In den USA wächst nämlich gar nichts, sondern es fällt das Laub des Indian Summer. Und wachsendes Verständnis für deutsch-europäische NSA-Hysterie wird man lange suchen müssen.

Machen wir uns doch auf die Suche. Nach einer für die USA wirklich repräsentativen Stimme.

Gerade äußerte sich US-Präsident Bill Clintons Außenministerin von 1997 bis 2001. Madeleine Albright, die Joschka Fischer und dem wiedervereingten Deutschland und Europa bekanntlich sehr gewogen ist. Professor Albright lehrt „Internationale Beziehungen“ an der Walsh School für Auswärtige Politik an der Georgetown University in Washington. *2)

Hier sind Professor Albrights Stellungnahmen.

Ob sie vom Anlass des Grades der deutsch-europäischen Empörung überrascht war? Prof. Albright: „Das Entscheidende ist doch: Wir alle wissen, dass Länder sich gegenseitig ausspionieren. Das ist nicht neu. Das wird von beiden Seiten getan.“

Ob sie den Grad der Empörung in Europa über die USA und die Obama-Regierung verstehe? Prof. Albright: „Nein, die (Empörung) verstehe ich eigentlich nicht. Vieles hat jetzt auch politische Gründe.“

Und das Fazit von Professor Madeleine Albright: „ …wieder Vertrauen aufbauen – ohne Scheinheiligkeit.“

*1) NTV ,Mittwoch, 06. November 2013, Anti-Spionage-Pakt und leere Versprechen. USA wollen nur begrenztes Abkommen.

*2) NSA-AFFÄRE. Albright: „Gute Freunde können das schaffen“. Gero Schließ, Washington, 07.11.2013, http://dw.de/p/1ADN3.