Transatlantische Wirtschaftspsychologie.

Jedes Neue Jahr beginnt mit guten Vorsätzen. Je jünger der Mensch — Auszubildender, Schüler, Studierender, Arbeitnehmer oder (Solo)Selbständiger — desto intensiver wird der Weg ins Neue Jahr mit guten Vorsätzen gepflastert. Manchmal verhilft die Wissenschaft zum realistischen Blick.

Psychologen der Universität Bonn und der Florida State University (USA) haben Befragungen bei verschiedenen Berufsgruppen durchgeführt. Die Fragen kreisten wohl um einen der ältesten und häufigsten Vorsätze für ein Neues Jahr: „Sich regen bringt Segen.“

Ehe wir nun alle vom Sofa springen, alle als „Macher“ loslegen — innehalten und reflektieren über das, was die transatlantische Gruppe von Psychologen empfiehlt! *1) Der Kern ihres Rates erscheint einfach genug.

„87 Prozent der Arbeitgeber fordern proaktive Kompetenz von ihren Bewerbern“ **1), zeige die Untersuchung von Stellenanzeigen. Bei diesem Befund sei dennoch Vorsicht geboten.

„Während für Selbstständige und Unternehmer Eigeninitiative eine unbedingte Voraussetzung für die berufliche Karriere ist, stoßen Arbeitnehmer nicht immer auf Zustimmung des Chefs, wenn sie von sich aus das Heft des Handelns ergreifen. ´Wer eigeninitiativ wird, sollte sich vorher versichern, dass die eigenen Aktivitäten auch wirklich erwünscht sind … Wer dies nicht tut, gilt häufig als Störenfried.`“ *1)

Je mehr Erfahrung im Wirtschafts- und Berufsleben gesammelt wurde, desto vergnüglicher ist die Lektüre solcher Forschungsergebnisse, die „sozialen Scharfsinn“ und „Anpassungsvermögen“ empfehlen!

Für dieses Vergnügen dankbar, hier noch zwei Anmerkungen, damit die interessanten Ergebnisse wirklich zu Ende gedacht werden.

Erstens, gerade bei Selbständigen und Unternehmern ist gegenüber der „Eigeninitiative (als) unbedingte Voraussetzung für die berufliche Karriere“ große Vorsicht geboten. Warum? Ganz einfach: Der Kunde ist ein unendlich erbarmungsloser König im Vergleich zum „Chef“ des Arbeitnehmers oder Auszubildenden. Der Kunde gibt meist weder Rat, noch Lob, noch Tadel — er geht einfach woanders hin.

Zweitens, verehrte Wirtschaftspsychologen, macht es den jungen Menschen doch nicht so schwer zu rätseln, wann „proaktive Kompetenz“ erwünscht ist. Sagt es ihnen doch ganz simpel: Stellt jede gute Idee als Einfall des Chefs dar. Dann liegt ihr wenigstens so lange richtig, wie diese Idee sich in der Praxis als wirklich gut erweist.

Alle guten Wünsche für das Jahr 2015!

*1) Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Pressemitteilungen, Eigeninitiative allein läuft ins Leere. Datum: 28.11.2014. Mit Hinweis auf die Publikationen: Wihler, A. et al. Personal initiative and job performance evaluations: Role of political skill in opportunity recognition and capitalization (in Druck), Journal of Management, DOI: 10.1177/0149206314552451. Ohne soziales Geschick führt Eigeninitiative ins Nichts (in Druck), „Wirtschaftspsychologie aktuell“; http://www3.uni-bonn.de/Pressemitteilungen/278-2014.

**1) „Proaktive Kompetenz“ — je dünner das Brett, desto pompöser die Sprache? Fällt öfter bei der Ausdrucksweise von Unternehmen auf.