Wer macht wen klein?

Die Unverschämtheit von Innenminister Seehofer, der Satz über Bundeskanzlerin Merkel „Mit dieser Frau kann ich nicht zusammenarbeiten“, ging durch die Presse. Dies könnte anregen, auf die Folgen solcher Zusammenarbeit für kooperationswillige Parteien zu blicken.

Merkel und die CDU/CSU

Bei den Bundestagswahlen 2005 bis 2017 hat Merkels Kanzlerschaft der CDU/CSU insgesamt nicht geschadet. Der Durchschnitt der Wahlergebnisse für CDU/CSU (Union) ist gegenüber dem Machtantritt 2005 leicht gestiegen: 35.9 % gegen 35.2 %. *1a)

Klein gemacht ist die CSU — mit Umfragewerten bei 37 % weit unter den Vorgaben der Vergangenheit mit absoluten Mehrheiten. Aber dies liegt eher an der Wendehals-Politik Seehofers: gegen Merkels Flüchtlingspolitik, aber Burgfrieden vor Wahlen, um an der Regierungsmacht zu bleiben, danach wieder Dauerkrach.

Allerdings sehen aktuelle Umfragen die Christ-Union zwischen 28 % und 30 %. Ist die Zeit gekommen, dass Merkel ihre eigene Parteibasis schwächt? „Bei unter 30 Prozent ist die Kanzlerin weg,“ so der Bonner Parteienforscher Tilman Mayer. *2)

Merkel und die SPD

Die GroKo-Zusammenarbeit unter Kanzlerin Merkel begann für die SPD 2005 fast gleich stark mit 34.2 %. Trotz Gerhard Schröders Reform-Agenda 2010, die zum Abbau der Arbeitslosigkeit und zur Konsolidierung des Sozialstaats nach Urteil maßgebender Fachleute beigetragen hat. Für GroKo 1 und GroKo 2 erhielt die SPD eine Wählerquittung von durchschnittlich 21.8 %.

Jetzt in der GroKo 3 werden für die SPD Stimmungsbilder von 17 % bis 20 % gemessen. *1b) Daraus kann man schließen: Trotz guter Regierungs-Arbeit der SPD-Minister, Zusammenarbeit mit Merkel macht die SPD klein.

Merkel und die FDP

Die FDP ließ sich auf schwarz-gelbe Regierungs-Zusammenarbeit (2009 – 2013) mit Merkel ein, als sie sich mit einem Wahlergebnis ganz stark fühlte: 14.6 %. 2013 flog die FDP aus dem Bundestag (4.8 %). 2017 hatte sich die FDP unter neuer Führung auf 10.7 % erholt.

Nach dem unsinnigen und obendrein halbherzigen Versuch, erneut mit Merkel als Kanzlerin zusammenzuarbeiten, dümpelt die FDP nun zwischen 7% und 9 %. *1b).

SPD und Kanzlerin: Machen sich selbst klein.

Statt mit höchst achtbaren Leistungen der SPD-Minister in der GroKo 3-Regierung hervorzutreten, macht die SPD, sogar ohne Legitimation durch eigene Zuständigkeit, einen oppositionsreifen Skandal um eine der nachgeordneten Behörden des Ministers für Inneres Seehofer (CSU): Maaßen, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, müsse weg.

Dabei werden der Öffentlichkeit Übertreibungen außerhalb jeder Verhältnismäßigkeit im Gedächtnis haften bleiben — vor allem in Ostdeutschland. Und dort vor allem in Sachsen: Einst Hochburg der Sozialdemokratie *3), bringt es die SPD heute auf eine Zustimmung von 11 %, wie im stets konservativ-schwarzen Bayern.

  • Aus der SPD kommen Drohungen, die GroKo 3 zu verlassen, instabile Verhältnisse in Deutschland in Kauf zu nehmen, wenn Maaßen nicht entlassen werde. Eine unfassbare Erpressung der Kopfjäger Kühnert, Stegner, Nahles & Co..
  • Der absurde Grund: Maaßen hat, wohl im Interesse des stark exportabhängigen Freistaats Sachsen, dem im Ausland verheerend wirkenden Eindruck widersprochen, in Chemnitz habe es „Hetzjagden“ auf vermeintliche Migranten gegeben.
  • Vielleicht hat Maaßen nicht einmal ganz Unrecht, wenn er an den Auslöser der Demonstrationen erinnert, die sicher auch von Rechtsextremen missbraucht wurden: die Messerstecherei von Migranten, bei der ein Deutscher getötet und zwei weitere krankenhausreif verletzt wurden.
  • Zur Staats- und Demokratiegefährdung blasen SPD sowie LINKE und Grüne den Vorgang auf, dass Maaßen, sicher auf „Anregung“ des Innenministers, seine Erkenntnisse öffentlich mitteilte. Nehmen wir wieder an, damit das Exportland Sachsen nicht weltweit durch Medien-Übertreibung diskreditiert wird. Von “Hetzjagden“ bis zu „Pogromen“ gegen Geflüchtete war zu lesen.
  • Die Krawalle in Chemnitz sind Ereignisse, die in Deutschland nach Tötungs- und Gewaltdelikten von Migranten nicht gerade selten sind. Dennoch bewertet der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz die Vorfälle in Chemnitz als „schon jetzt zur bundesdeutschen Geschichte gehören(d)“. *4) Kleiner geht die Nummer offenbar nicht mehr, schon um die Koalitionskrise durch die SPD-Drohungen zu rechtfertigen.

Während die SPD-Kopfjäger Kühnert, Stegner, Nahles & Co. eine demokratie- und sicherheitspolitische Gefährdung Deutschlands durch Maaßen behaupten, wird von Fachleuten bereits widersprochen. Diese SPD-Übertreibung sei deshalb im Licht der Bewertungen des Vorgangs Maaßen/Chemnitz durch hochrangige Vertreter unserer Sicherheitskräfte betrachtet. Zu nennen sind: der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Oliver Malchow (SPD); der Vize-Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), Sebastian Fiedler; der Vorsitzende der Bundespolizeigewerkschaft, Ernst G. Walter. *5)

  • „In diesen bewegten Zeiten schaden Personaldiskussionen der inneren Sicherheit in Deutschland und der Stärkung des Rechtsstaates.“ (Oliver Malchow (SPD)).
  • An „politischen Ränkespielen innerhalb der Koalition sowie zwischen der Opposition und den Regierungsparteien“ nahm Sebastian Fiedler Anstoß.
  • „Wenn Regierungsmitglieder der SPD die Entlassung eines hochbegabten und erfolgreichen Behördenchefs fordern, nur weil er als Experte öffentlich seine Meinung äußert, ist das alles andere als verantwortliches Regierungshandeln“. (Ernst G. Walter).
  • „Die Bundeskanzlerin selbst sollte sich als Regierungschefin in Fragen der inneren Sicherheit künftig vielleicht mehr auf die sachlich orientierte Expertenmeinung der Chefs ihrer Sicherheitsbehörden verlassen, statt vorrangig auf Parteistrategen und Umfragen zu setzen.“ (Ernst G. Walter).

Es wundert nicht, dass das Politikgebaren der SPD schon jetzt öffentlich auf Hohn trifft: „Oppermann, Nahles, Stegner & Co. trommeln seit Tagen für den Rücktritt des unbequemen BfV-Präsidenten. Ein politischer Beamter wie Maaßen habe seinen Job zu tun und den Mund zu halten, so der Tenor. Vor allem zu solch brisanten Themen wie Chemnitz. Eine interessante Lesart demokratischer Gepflogenheiten. Im Berliner Politzirkus darf noch lange nicht jeder sagen, was er denkt — und verfüge er über noch so gute Informationsquellen … Vor allem darf ein Chef einer Sicherheitsbehörde scheinbar nicht die Deutungshoheit der Kanzlerin anzweifeln.“ *6)

Die SPD-Kopfjäger machen sich selbst klein, weil sie — mit den großen Worten Demokratie und Rechtsstaat hantierend — eine nachrangige Personalie für politische Erpressung und Drohung mit politischer Instabilität missbrauchen.

Und die Bundeskanzlerin macht sich selbst klein, weil sie wieder zeigt, dass sie noch jeden niedermacht, der an ihrer politischen Deutungshoheit öffentlich zweifelt.

*1a) http://www.wahlrecht.de/ergebnisse/bundestag.htm. und *1b) aktuelle Sonntagsfrage: https://www.wahlrecht.de/umfragen/.

*2) 25.01.2016. Flüchtlingskrise. „Wenn sich nichts ändert“: Seehofer bringt Sturz von Angela Merkel ins Spiel. https://www.focus.de/politik/videos/von-41-5-auf-34-prozent-abgestuerzt-parteienexperte-zu-umfrage-absturz-bei-unter-30-prozent-ist-angela-merkel-weg_id_5078585.html.

*3) Siehe: Das „rote Königreich“ 1871 bis 1918. „´In Sachsen konstituierte sich jener sozialistische Typus von Arbeiterbewegung, der in der Zweiten Internationale (Gründung: Paris 1889) als Modell diente und der europäischen Arbeiterbewegung bis in die heutige Zeit wesentliche Züge verlieh. ‚ (Karsten Rudolph 1995). Der gemäßigte und parlamentarisch-demokratisch orientierte Kurs der sächsischen SPD befand sich zumeist im besten Einklang mit großen Teilen der sächsischen Arbeiterschaft.“

https://infoseiten.slpb.de/geschichte/sachsen/ueberblick/1871-1918/das-rote-koenigreich/.

*4) Wiefelspütz (SPD): „Seehofer muss liefern“. Chemnitz und der Fall Maaßen. 12.09.2018; https://www.deutschlandfunk.de/chemnitz-und-der-fall-maassen-wiefelspuetz-spd-seehofer.694.de.html?dram:article_id=427869

*5) Die Polizeigewerkschaften haben vor den Folgen des Streits über Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen für die innere Sicherheit gewarnt. Polizeigewerkschaften sehen Maaßen-Debatte als Sicherheitsrisiko. DTS-Meldung vom 14.09.2018, 13:50 Uhr.

*6) Freiwillig wird er nicht abtreten. Der Fall Maaßen: Im Berliner Politzirkus darf nicht jeder sagen, was er denkt. FOCUS-Online-Reporter Axel Spilcker. 16.09.2018; www.focus.de/politik/deutschland/kommentar-die-hetzjagd-auf-hans-georg-maassen.