Wissenstransfer.
Am 4. November 2023 wurde Prof. Dr. Matthias Glaubrecht, Professor für Biodiversität der Tiere an der Universität Hamburg, mit dem Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa ausgezeichnet. *1)
In der Presse kaum publiziert — und dennoch ein wichtiges Ereignis für Wissenschaft, Öffentlichkeit und Politik!
1. Unsere Gesellschaft braucht den Wissenstransfer.
Seit 1964 ehrt dieser Preis Autoren, die wissenschaftliche Erkenntnisse „in gut lesbarer und allen zugänglicher Form“ (Glaubrecht), z. B. als Sachbuch, in die Gesellschaft hinein vermitteln können. Prof. Glaubrecht bedauert, dass dieser Wissenstransfer „unter vielen Forscherinnen und Forschern immer noch als verpönt (gilt). Man rümpft weiterhin die Nase über jene, die den engen Fachzirkel verlassen.“ *1)
Ohne den Beitrag der Wissenschaft, ihre Erkenntnisse an ein breites Publikum und an staatliche Institutionen zu vermitteln, werden demokratische Willensbildung und Politik gegenüber den Herausforderungen der Zeit erschwert.
Aktuell sollte diese Einsicht vor allem für die Leistung einleuchten, die seit Beginn der 1970er Jahre Professor William D. Nordhaus erbracht hat. Seit dieser Zeit hat Nordhaus den menschengemachten Klimawandel und seine Folgen wissenschaftlich untersucht und die Forschungsergebnisse an die internationale Öffentlichkeit vermittelt. Sein weitblickendes Wirken wurde 2018 mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften gewürdigt.
Prof. Glaubrecht betont: „Im angloamerikanischen Sprachraum wird ein gut lesbares populärwissenschaftliches Buch als Krönung der wissenschaftlichen Karriere angesehen.“ *1)
Dies kann ein für die Wissenschaftskultur der USA Aufgeschlossener nur bestätigen. Für viele z. B. ökonomisch Interessierte sind Leistungen des Wissenstransfers durch bedeutende US-Forscher unentbehrlich.
Genannt seien hier nur beispielhaft: das Lehrbuch “Economics“ der Nobelpreisträger Paul A. Samuelson und William D. Nordhaus. Oder das weithin anerkannte Buch “The Worldly Philosophers. The lives, times and ideas of the great economic thinkers“ von Robert L. Heilbroner. Sodann die Webseite des Nobelpreisträgers Paul Krugman mit einer Fülle von einflussreichen Artikeln. Ebenso der Blog von Greg Mankiw für „my current and former students. Teachers and students at other schools, as well as others interested in economic issues“. *2)
2. Das Weitertragen des Wissenstransfers.
Die großartigen Leistungen bedeutender Fachwissenschaftler für den Wissenstransfer wirken nachhaltig, wenn Journalisten, Blogger und die vielen Bürgerinnen und Bürger sich für politische Antworten auf diesen Wissenstransfer einsetzen.
Die heutigen Möglichkeiten, das Internet zu nutzen, erleichtern dieses Aufgreifen und Weitertragen des Wissenstransfers. Leider wird im Internet auch zu viel Schund produziert. Deshalb werden Journalisten hart geschult und ausgewählt.
Freie Blogger, die journalistische Schulung nicht durchlaufen, müssen sachliche Richtigkeit der Argumentation und einen einfachen, klaren Schreibstil gewährleisten. Bei solchem Bemühen um Qualität bleibt kein Raum für Schreiben aus dem Stegreif.
Welche Themen sollte der freie Blogger aufgreifen? Hier mag Stephen King ermutigen: „Now comes the big question. What are you going to write about? And the equally big answer: Anything you damn well want. Anything at all … as long as you tell the truth.“ *3)
Das ist gewiss ein ermutigender Rat von Stephen King. Aber auch eine schwere Aufgabe für die Bürgerinnen und Bürger.
Die sich durch Schreiben engagieren — für ein produktives Verhältnis zwischen Wissenschaft, Öffentlichkeit und Politik.
*1) Sigmund-Freud-Preisträger Prof. Dr. Matthias Glaubrecht im Interview. Viele meinen, wenige wissen – Warum Sachbücher in der heutigen Zeit so wichtig sind. 6. November 2023, von Mareen Gerisch; https://www.uni-hamburg.de/newsroom/im-fokus/2023/1106-glaubrecht-freud-preis.html
*2) Greg Mankiw´s Blog. Random Observations for Students of Economics. About me. Greg Mankiw. United State; http://gregmankiw.blogspot.com
*3) Stephen King. On Writing. A Memoir of the Craft. London 2000. S. 123