Zurückgeben.

Mittlerweile kann ich die mir bekannten Fälle zum Thema „Zurückgeben“ nicht mehr zählen. Durchweg geht es dabei um Persönlichkeiten mit hohem Status bzw. ausgeprägtem Bewusstsein für Status und Rang.

In der Regel haben sie ihr Berufsleben im „öffentlichen Sektor“ (im weiteren Sinne) verbracht. Dort wollen sie auch weiter wirken: Wir sind dankbar für die Chancen, dem Gemeinwohl haben dienen zu dürfen. Nun wollen wir etwas „zurückgeben“.

Vergeblich habe ich zynischen Kommentaren widersprochen: Die haben bisher Steuergelder vernichtet und wollen das ihr Lebtag weitertreiben. Mein Widerspruch nutzte nichts: Guck` doch hin! Vor allem wollen die für steuerfinanzierte Organisationen „zurückgeben“. Vorzugsweise für international tätige Organisationen.

Ehrenamtlich, gewiss. Gelegentlich auch für Honorareinsätze, genauer: Experten-Aufträge, und nicht zu knapp bemessen, das Honorar, sondern dem „Rang angemessen“!

Mindestens werden auch Einladungen zu Essen oder Reisen erwartet. Reisen als hochrangige BeraterIn, vorzugsweise weit oder in ein Lieblingsland von Estland bis Hellas. Flüge in der „Holzklasse“ passen dazu nicht. Reisen auch nicht in die República Mala Muerte.

Ich missbillige solche Bemerkungen. Anerkenne die Energie und die Bereitschaft zum Zurückgeben. Aufrichtig und nicht pro domo: Denn mich hat noch niemand gebeten zurückzugeben. Ich gehöre aber auch zu denen, die Häuslichkeit und den heimatlichen Umkreis schätzen. Und ich erinnere, wie sich einmal ein Kollege Luft machte: „Satt habe ich es. Wenn ich schon in die Hotelzimmer komme und denke, was hier zuletzt gelegen hat!“ Also, zurückgeben ist auch mit Opferbereitschaft verbunden, kein Zweifel.

Dies schreibe ich, weil ich letzte Woche mit einer ehemaligen, besonders geschätzten Kommilitonin (K) telefonierte. Die wusste folgendes zu berichten: Ich hänge hier auf dem Bahnhof fest. Wegen Weselsky. Dein Blog zu dem Thema war verfehlt. Viel zu verständnisvoll. Das mit „cara de pocos amigos“ war reine Freundlichkeit. Woher hast Du den Blödsinn? RS: In Peru aufgeschnappt. K: Wie das? RS: Von Kolleginnen. K: Zu wem haben die das gesagt? RS: Zu mir natürlich.

K: Aha! Aber ich wollte Dir was anderes erzählen. Während ich hier festhänge, treffe ich wen? Unsere alte Urtica! RS: Du lieber Gott! K: In Hochform. Siehst immer noch ganz gut aus, sagt die Urtica gleich. Na ja, für mein Alter, aber ich hab‘ nichts machen lassen, beeile ich mich zu versichern. Urtica guckt mich abschätzig an. Wie Du weißt, kneift sie die Augen zusammen, bevor es beißen und brennen soll: Wieder die Kinder und Enkel besuchen? Was sonst, sage ich, wozu sonst diesen trouble auf mich nehmen.

Muss nach Frankfurt, informiert Urtica, dann weiter nach Tokio. UN-Auftrag. Ich wünsche ihr einen angenehmen Flug für die Langstrecke. Keine Sorge, sagt sie, die Urtica, du glaubst doch nicht, dass ich Holzklasse fliege wie du, wenn`s nach Malle geht. Oder hast du das drangegeben? Ja, jetzt ist die Nordsee dran, erläutere ich. U. mustert mich scharf von der Seite.

Schließlich sagt sie, Tschüss, ich muss nochmal mein Redemanuskript durchsehen. Für den Vortrag in Tokio. Thema „Das Parlament und die Zivilgesellschaft.“ Riesige Erwartungen. Du weißt vielleicht, wie dort die Lage ist.

Ich wünsche ihr den zu erwartenden Erfolg und einen schönen Aufenthalt nach solcher Anstrengung. Weg war sie.

Vorher machte die Urtica aber eins klar: Man will ja etwas zurückgeben!